Als ich zum Jahrestreffen dieses Jahr fuhr, es war für mich das erste Mal, ich dachte, es wird mich jetzt nichts mehr umhauen. Das hat es doch! Da standen sie vor mir, die Kinder über die ich soviel gelesen habe und mir nie richtig vorstellen konnte, wie sie wohl sind. In Lieberhausen konnte ich sie sehen und ein Stück von meiner Zukunft auch miterleben.
Edwin wurde am 08. Juli 1998, vier Tage vor Termin, geboren. Die Schwangerschaft und die Geburt verliefen normal. Nach der Geburt hatte Edwin respiratorische Anpassungsstörungen und deswegen wurde er auf eine Intensivstation in eine andere Klinik verlegt. Mein Mann ist sofort nachgefahren und nach einer Untersuchung haben die Ärzte vorgeschlagen, bei Edwin eine Chromosomenanalyse durchzuführen. Als ich ihn am nächsten Tag besuchen konnte, ging es Edwin schon wesentlich besser. Es fragte mich eine Schwester, als ich zurück auf meine Station kam, ob Edwin "das Schreien" noch hätte. Am nächsten Tag fragte sie mich dieses wieder.
Nach meiner Entlassung, habe ich zu Hause meine Lehrunterlagen von der Krankenschwesterausbildung herausgeholt und habe angefangen zu suchen. Was ich dort gelesen habe, hat mir überhaupt nicht gefallen.
Edwin war insgesamt drei Wochen im Krankenhaus. Ich habe geschwiegen und von meinem Verdacht keinem was gesagt, ich habe auf die Ergebnisse des Tests gewartet. Als der Oberarzt zu mir kam und sagte, dass er mit mir reden möchte, habe ich ihn gefragt, ob Edwin ein Cri-du-Chat-Kind ist. Ich denke, es kann sich jeder vorstellen, wie er mich angeschaut hat. Der Arzt hat uns dann sehr gut über das Syndrombild aufgeklärt und er hat mir die ganzen Adressen besorgt, wohin ich mich wenden kann, um Infos und Hilfen zu bekommen.
Am Anfang hat Edwin sehr viel geweint. Es hat sich herausgestellt, dass er eine Wasseransammlung hinter dem Trommelfeld hat, man hat ihm mit sechs Monaten Paukenröhrchen gelegt und sein Hörvermögen wurde sofort besser. Im November d. J. ist eine erneute BERA und eine Polypenektomie geplant. Zusätzlich hat Edwin eine ausgeprägte Neurodermitis. Edwin kratzt sich sehr viel und seine zusätzliche Unruhe erschwert unter anderem die Durchführung der krankengymnastischen Übungen (nach Vojta). Er wird auch durch das Jucken nachtsüber sehr oft wach.
Edwin hält mittlerweile seine Flasche in den Händen, trinkt sie aus und, wenn sie leer ist, schmeißt er sie einfach weg. Edwin ist ein sehr lebhaftes Kind. Mit 3 Monaten hat er, wie auch gesunde Kinder, seine Hände entdeckt, mit 6 Monaten trank er aus dem Glas, mit 10 Monaten drehte er sich auf den Bauch, jetzt ist er 15 Monate und hat angefangen sich auf den Rücken umzudrehen. Seine linke Seite ist schwächer als die rechte.
Was uns große Freude macht ist, daß Edwin auch "an sich selber arbeitet". Er kann sich selbst unterhalten, er spielt mit seinem Spielzeug, greift danach, nimmt es aus der einen in die andere Hand. Wenn er Hunger hat oder die Pampers voll ist, wird er unruhig und "schreit" uns richtig an. Und wenn wir bei seinem Spaziergang stehen bleiben und uns etwas anschauen, wird er richtig laut.
Edwin spricht schon die Laute "da, na, Papa, Mama". Er ist ein sehr neugieriges Kind, schaut sich ganz genau die Menschen und neue Spielzeuge an. Manchmal habe ich so ein Gefühl, dass er sogar zwischen Mann und Frau unterscheidet. Die Frauen lächelt er an, bei den Männern zieht er seine "Denkerstirn" zusammen, ist ganz ruhig und wartet was jetzt kommt.
Wir hoffen, dass alles, was wir ihm anbieten, ihn in seiner weiteren Entwicklung hilft und beim nächsten Jahrestreffen sind wird ganz bestimmt wieder dabei.
Edwins Mutter Irina (November 1999)
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