Nachdem sie kurz vor ihrem zweiten Geburtstag frei sitzen konnte, ging es auch recht zügig weiter. Maya zieht sich an allem, was nicht niet- und nagelfest ist, hoch und steht dann sehr stabil. Manchmal startet sie den Versuch sich frei hinzustellen, aber landet dann ungebremst auf ihrem Po. Sie geht seitwärts an Gegenständen entlang und läuft seit einiger Zeit mit ihrem Lauflernwagen durchs Haus. Maya klettert seit neuestem auch für ihr Leben gern. Auf die Couch, die Sprossenwand hoch (zwei Sprossen), auf den Kinderwagen, die Treppe hoch, und so weiter. Einmal oben angelangt, weiß sie allerdings nicht mehr, wie es runtergehen soll und heimst sich dadurch jede Menge blaue Flecken ein. Aber sie bleibt zum Glück weiterhin neugierig und ist voller Tatendrang.
Seit einiger Zeit ist Maya eine richtige Puppenmutti. Sie liebt ihre Puppen über alles; küsst und liebkost sie aufs Äußerste – wozu auch Haare ausreißen gehört. Sie nimmt die Puppen überall mit hin und fängt allmählich auch an, richtig mit ihnen zu spielen: ausziehen, zu trinken geben, Haare bürsten. Die zweite Lieblingsbeschäftigung ist, sich zu verkleiden. Nachdem meine Schwester ihr eine „Verkleidungskiste“ zu Weihnachten geschenkt hat, sitzt sie ganz oft vor ihrem Spiegel und verkleidet sich, zieht Grimassen, frisiert sich und freut sich des Lebens. Unter anderem habe ich ihr auch gezeigt, wie man sich die Hände und das Gesicht eincremt – und das wollte sie mir offensichtlich auch mal vorführen. So kam ich vor einigen Tagen morgens ins Bad und Maya saß mit einem riesigen Cremetopf – geöffnet – auf dem Boden und hatte sich quasi eine Gesichtsmaske aufgelegt. Sooo süß!
Sprachlich hat sich im letzten Jahr nicht allzu viel getan. Das Wort „Mama“ hat sie zu meiner großen Enttäuschung wieder komplett aus ihrem Wortschatz gestrichen – aber dafür kann sie jetzt schimpfen. Auch schön. Am meisten freuen wir uns aber darüber, dass Maya so viel versteht und mittlerweile recht viel umsetzt. Sie hilft beim An- und Ausziehen, versucht sich selber die Socken und die Hose anzuziehen (ausziehen funktioniert schon) und putzt sich die Zähne – ich muss natürlich nacharbeiten. Sie macht sich ihre Spieluhr an, zeigt uns ganz genau was sie möchte und was nicht und hört ab und an auch mal auf ein NEIN.
Übrigens - schon während der Schwangerschaft hatte ich mich dazu entschieden, nach einem Jahr Erziehungsurlaub wieder arbeiten zu gehen. Ich bin Bankfachwirtin, im Vertrieb/Innendienst tätig und gehe echt gerne arbeiten. Als wir nach Mayas Geburt von ihrer Behinderung erfahren haben, stand dieses Thema natürlich zunächst mal hinten an. Wir wussten ja nicht was auf uns zukommen würde; wie pflegeintensiv Maya wäre. Ziemlich schnell war aber klar: Arbeiten gehen - gerade jetzt! Und ich bin sehr froh, dass wir uns dazu entschieden haben.
Mit Mayas erstem Geburtstag war es dann soweit. Am 15. Oktober 2008 hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Natürlich nicht Vollzeit, sondern zwei Tage die Woche. Mittwochs kam meine Mutter zu uns nach Hause und donnerstags ging Maya zu einer Tagesmutti. Klappte echt gut. Anfangs war es für mich schon eine ziemliche Umstellung und auch nicht wirklich einfach. Maya ist eigentlich ein richtiges Mama-Kind. Aber wenn ich abends nach Hause kam, wollte sie nichts mit mir zu tun haben. Sie lehnte mich teilweise richtig ab und wollte nur noch zu Oma. Dann kamen natürlich doch Zweifel auf, ob die Entscheidung arbeiten zu gehen, die richtige war. Die Tränen liefen… Irgendwann hat sich das aber gelegt und Maya hat sich gefreut, wenn ich nach Hause kam. Ganz normal also.
Meine KollegInnen waren von Anfang an sehr interessiert an Mayas Fortschritten und unserem „neuen“ Leben. Trotzdem war ich öfters etwas unsicher, wenn ich von ihr erzählt habe. Im Büro konnte ja niemand sehen, wie süß sie ist. Auf jegliche Art von Mitleid habe ich ziemlich allergisch reagiert. Nachdem ich Maya dann aber mal öfters mit ins Büro genommen hatte – natürlich außerhalb meiner Arbeitszeit - und meine KollegInnen sie kennen lernen konnten, hat sich diese Unsicherheit gelegt. Alle freuen sich mit uns, wenn Maya wieder etwas Neues gelernt hat. Meinem Mann und mir tut es auch sehr gut, dass ich wieder arbeiten gehe. Ich habe eben nicht „nur“ von Maya zu berichten.
Nun haben wir November und Maya ist ein richtiges Kindergartenkind. Sie besucht eine heilpädagogische Gruppe einer Kindertagesstätte der Lebenshilfe. Ich bringe sie morgens gegen 8.30 Uhr dort hin und hole sie gegen 14.30 Uhr wieder ab. In der Zwischenzeit gehe ich arbeiten – mein Chef ist allerdings echt flexibel, was das angeht. Montags habe ich frei – quasi Hausfrauentag. Klappt – mittlerweile – alles bestens. Anfangs war der Abschied von Mama mit vielen Tränen verbunden, aber seitdem sie ihr Herz an den Zivi verschenkt hat, freut sie sich morgens (meistens) schon richtig, wenn wir auf dem Weg in die Gruppe sind, in der neben ihr noch sieben weitere Kinder sind. Maya ist das einzige Kind mit einer „richtigen“ Behinderung. Zudem ist sie die Jüngste und auch die Einzige, die nicht laufen und sprechen kann. Mit ihrem Charme hat sie sich aber schnell die Position der Prinzessin an Land gezogen. Die Jungs freuen sich morgens schon auf sie, und nachmittags wird geknutscht, was das Zeug hält. Sehr lustig.
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