Das Glas ist nicht halbleer, sondern immer halbvoll! (Julia, 3 Jahre)
Hallo ihr lieben Eltern und Angehörigen eines Cri-du-chat-Kindes!
Wir möchten uns kurz vorstellen, da wir noch nicht so lange im Förderverein sind und uns noch nicht alle kennen. Mein Name ist Doris, mein Mann heißt Guido, unser 13-jähriger Sohn ist Kevin, und unsere "Mieze", von der die Geschichte handelt), ist unsre Julia!
Wír hoffen, dass wir mit unserer fast dreijährigen Erfahrung mit einem CdC-Kind anderen Betroffenen helfen können.
Fangen wir am Anfang an: Es war der der 15. Mai 2005, als Julia mit 2.960g und 48 cm das Licht der Welt erblickte. Nach einer unkomplizierten, sehr angenehmen Schwangerschaft und einer absolut einfachen Geburt. Doch da war etwas... sie schrie nicht. Doch schon..., aber nicht wie ein Menschenkind, nein eher wie eine kleine Katze. Daher ja auch der Name: Katzenschreisyndrom. Doch all das erfuhr ich erst später. Denn ich hatte gerade das schönste kleine Mädchen auf Erden geboren! Wer denkt da schon an kleine Katzen!!!
Zwei Tage nach der Entbindung kam der Genetiker in mein Zimmer und äußerte den Verdacht, dass Julia an diesem seltenen Syndrom leiden könnte, denn die Kinderschwestern berichteten auch von einem ständig auftretendem hellen Schreien. Ich glaube, ich habe in diesem Moment nicht richtig hingehört und willigte ein, ihr Blut abzuzapfen für eine Genanalyse. Zudem kam dann noch, dass Julia für die nächsten 16 Wochen eine Spreizhose tragen musste, da sie eine HD hatte. Na super! Schön wäre es, wenn es dabei geblieben wäre. Am sechsten Tag gingen wir nach Hause, und alle freuten sich dass wir da waren. Noch wusste keiner von den Vermutungen des Genetikers. Vierzehn Tage nach der Entlassung aus der Klinik kamen dann der Anruf und der Termin in der Genetik. Und nochmals danke ich den Herrn Doktoren für die sanfte und mitfühlende Erröterung der Diagnose: "Leider hat sich unser Verdacht bestätigt. Ihre Tochter leidet am CdC-Syndrom, Teilstückverlust 15.1. Sie wird nie ohne fremde Hilfe leben können und für immer schwer geistig behindert sein (dazu das Aushändigen einer sehr beängstigenden Broschüre). Dann bekamen wir eine sehr beängstigende Broschüren ausgehändigt. Das Ende vom Lied waren Tränen, Tränen und nochmals Tränen.
Ich habe dann einen Termin im Kinderzentrum gemacht, da ich dort die Ärzte und Psychologen schon gut kenne, weil unser Sohn Autist ist. Die haben mich eines besseren belehrt. Das Glas ist nicht halbleer, sondern immer halbvoll! Und sie behielten recht!!! ( Wir sind auch bei Fragen zu Autismus gern zur Hilfe bereit!). Julia bekam umgehend Physiotherapie (nach Bobath), und das zweimal die Woche, bis wir einen Platz in der Frühförderstelle bekamen. Das war im August 2006. Im November 2006 konnte Julia frei sitzen, am 25. Dezember 2006 krabbelte sie los. Und im Februar 2008 lief Julia an einer Hand! Mittlerweile geht sie einmal die Woche in eine Kindergruppe der Frühförderstelle und lernt das soziale Verhalten unter Kindern und Mitmenschen. Sie tanzt und singt bei den Kinderliedern mit, sagt zur Begrüßung "Hi" und gibt die Hand, auch mal einen Kuss. Sie bekommt noch Logopädie (GuK) und spricht die Worte: Mama, Papa, ja, da, Ball, Baum, Opa, Oma, Miau, Wau Wau, Ham Ham, Puppe, Baby... und es werden jeden Tag mehr.
Julia hat sich noch nie selbst verletzt, zeigt keine stereotypischen Verhaltensmuster, keine Ängste. Sie ist immer entspannt, äußerst gut gelaunt und hat unglaubliche Freude am Leben! Lasst euch keine Angst machen, es hängt sehr viel vom sozialem Umfeld ab, wie die Kinder sich entwickeln. Also schenkt ihnen all eure Liebe, behandelt sie aber nicht wie etwas besonderes. Julia liebt Tiere, Wasser, Essen, Kinder, Musik - all die schönen Dinge, die auch uns Freude bereiten. Für Neues ist sie offen und stiehlt jedem Menschen, der anfangs vielleicht einige Berrührunsängste hat, das Herz. Mit oder ohne Behinderung - das Leben ist es wert gelebt und geliebt zu werden, wenn einem die richtigen Menschen beiseite stehen. Und was ist heutzutage schon normal?
Bei dem nächsten Treffen des Förderveriens sind wir auch dabei. Ich freue mich schon sehr darauf, viele von euch kennenzulernen. Liebe Grüße an alle Eltern und alle Kinder!!! Wir freuen uns sehr wenn ihr Kontakt zu uns aufnehmt!!!
Doris, Guido, Kevin und Julia (April, 2008)
Alle Elternbriefe von Julia Yasmin