Hallo ihr Lieben!
Unser letzter Bericht wurde in der Juni-Ausgabe 2003 gedruckt. Jetzt wird es Zeit über Neuigkeiten zur Entwicklung von Marcel zu berichten. Marcel ist im März 9 Jahre alt geworden. Wie die Zeit vergeht!
Verhaltensbeeinflussung durch Medikamente:
Nach dem letzten Jahrestreffen haben wir uns intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Unser 1. Anlaufpunkt war die Kinderärztin. Bei der Erwähnung des Medikamentes "Ritalin" war eine ablehnende Haltung offensichtlich. Sie vereinbarte für uns einen ambulanten Termin bei einem Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Marcel war beim Gespräch mit dabei. Dem Oberarzt sind keine Studien bezüglich der Anwendung des Medikamentes beim Cri-du-Chat-Syndrom bekannt. Er riet uns, dieses Medikament auszuprobieren, äußerte aber, dass "Ritalin" nicht der Verhaltensbeeinflussung dient, sondern das Gehirn runter fährt, d.h. müdes und unmotiviertes Verhalten bewirkt. Als akute Nebenwirkung kann es zum sogenannten "Augenrollen" kommen. Es spricht nichts dagegen, das Medikament auszuprobieren, es könnte jederzeit abgesetzt werden. Um die Wirkung aber zu erreichen, müsste das Medikament regelmäßig, täglich eingenommen werden, damit sich ein Spiegel aufbaut. Wir zogen auch Marcels Lehrerin hinzu und fragten, ob sie über Erfahrungen mit diesem Medikament berichten könnte. Ein Mitschüler (hyperaktiv) nimmt dauerhaft Ritalin ein. Bei Marcel riet sie uns eindringlich ab. Es wäre nun mal sein Charakter und nicht durch Medikamente beeinflussbar. Resultat: warten wir es erst einmal ab, es läuft uns nichts weg, probieren können wir es immer noch.
Allgemeine Neuigkeiten:
Verhalten:
Wir haben festgestellt, dass Marcel Verhaltensphasen durchläuft, die wir als "gute" und "schlechte" bezeichnen würden. Diese Phasen haben eine Dauer von einigen Wochen. "Gute"-Phase: er ist zugänglich, nicht so stur und dickköpfig, lässt sich lenken, beschäftigt sich auch mal etwas länger mit einer Sache. "Schlechte"-Phase: stures Verhalten, sehr häufiges Kopfschlagen, nur Dummheiten aushecken. Natürlich hoffen wir, dass er (mit zunehmendem Alter) zur "guten" Phase tendiert!
Spielzeug:
Marcel hat seine Liebe für Lego entdeckt, v.a. Propeller. Er beschäftigt sich inzwischen schon mal länger als 15 Minuten mit diesen Bausteinen. Natürlich sind Waschmaschinen immer noch der absolute Renner.
Sprachentwicklung:
Zur Förderung der Mundmotorik geht Marcel 2x/Woche zur Logopädie. Zuhause beschäftigen wir uns zusätzlich oft mit den GUK-Karten (Gebärdenunterstützte Kommunikation). Marcel verlangt regelrecht danach. Er kombiniert zunehmend aktive und passive Sprache, wobei ein Fortschritt in der aktiven Phase erkennbar ist. Marcel ist wohl bewusst geworden, dass er für die Umwelt interessanter wird, wenn er sich mitteilen kann. Es verhilft auch zur Vermeidung / Abbau von Autoaggression.
Pflegerischer Aufwand:
Pampers nur noch für die Nacht und bei "besonderen" Arztbesuchen. Die Schmutzwäsche (vollgepullert) beläuft sich durchschnittlich auf ca. 3 Hosen / Schlüpfer pro Tag. Stuhlgang immer auf Toilette (Ausnahme Durchfall). Für Lätzchen (verwenden wir nur zu Hause) fühlt er sich schon zu alt, sie werden von ihm nicht mehr akzeptiert. Anziehverhalten: bequem, Ausnahme: es lockt die Dusche oder die Badewanne.
Kauverhalten
Vorsicht ist immer noch bei hartem bzw. festem Obst/Gemüse/Fleisch/Bonbons geboten. Tinte, Knete, Buntstiftminen und Klebestifte sind für Marcel absolute Delikatessen. Diese Materialien müssen wir inzwischen außer Reichweite bringen. Materialabforderung folgt in regelmäßigen Abständen von der Schule.
Motorik
Einen guten Entwicklungserfolg haben wir mit seiner Motorik erreicht:
- Babybell-Käse, nicht ganz billig, fördert aber wunderbar die Handmotorik und schmeckt lecker.
- Spezialfahrrad für Marcel: den Kampf in 2. Instanz vor dem Sozialgericht bezüglich des Rollfiets haben wir abgebrochen nachdem wir das Spezialfahrrad "Duo-Luna" ausprobiert haben. Ich war die stolzeste Mutter von der Welt, als ich unser Kind selber strampeln sah, wobei er beim Rollfiets nur passiv drin saß. Selbst die Mitarbeiter von Reha-Team waren erstaunt. Es folgte eine Kündigung bei meiner Krankenkasse. Die AOK sicherte uns mündlich ein Spezialfahrrad dieser Art zu. Ab März sind wir dort Mitglied und hoffen, das sie zu ihrem Wort stehen.
- Marcel benötigt immer weniger seinen Rollstuhl. Es ist meist nur Bequemlichkeit.
Marcel bekommt jetzt ein neues Kinderzimmer, samt Tapete und Auslegware, worauf er sich schon sehr freut. Er wünscht sich eine Pumuckel Tapete, das wird etwas schwierig.
Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen beim diesjährigen Jahrestreffen.
Bleibt gesund und munter,
alles Liebe
Marcels Mutter Jeanette (Juni 2006)
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