Alter zum Zeitpunkt des Briefes: 
4.0 Jahre

Sie wurde am 20.8.1991 durch einen Kaiserschnitt geboren. Sie war zu klein und zu schwach, die Herztöne waren schlecht und damit war es Zeit sie in der 38. Woche zu holen. Sie wog 2290g und war nur 43 cm groß.

Sie kam 5-6 Wochen lang in den Brutkasten, das Trinken fiel ihr schwer und sie wollte nicht zunehmen. Es dauerte dann insgesamt 9 Wochen, bis die Diagnose feststand und wir sie mit nach Hause nehmen konnten.

Die Chromosomenanalyse musste zweimal gemacht werden, beim 1. Mal konnten sie den Gen-Defekt nicht feststellen. Svenja hat nur eine Niere, ansonsten das gewohnte Cri-du-Chat-Bild.

Wir waren am Boden zerstört und eigentlich wollten wir es gar nicht glauben. In der Hoffnung auf Besserung begannen wir sofort mit Krankengymnastik. Täglich 3-4 mal Voita und 1 mal wöchentlich in der Frühförderung. Sie war ein sehr unruhiges Kind, meistens war sie wach, auch nachts, und schrie ohne Ende. Sie war sehr oft erkältet, hatte gleich hohes Fieber, Blasenentzündungen, auf den Bronchien, Ohrenentzündungen usw. Die ersten Lebensjahre war Svenja mehr krank als gesund.

Die Entwicklung verlief langsamer als wir dachten, z.B. konnte sie mit 1 Jahr den Kopf noch nicht heben. Mit 2 Jahren begannen wir zusätzlich mit Ergotherapie und natürlich versuchten wir auch daheim sie zu fördern so gut es ging.

Mit 3 Jahren kam sie in einen Lebenshilfe-Kindergarten in Kaiserslautern. Zum ersten Mal etwas Entlastung für uns. Die Therapien konnten vorort gemacht werden, das ersparte uns viel Zeit. Die Erzieherinnen gaben sich sehr viel Mühe. Am Anfang weinte sie noch viel, mit der Zeit wurde es besser. Später war sie gerne dort, auch der Kontakt zu anderen Kindern war wichtig für Svenja.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie laufend Harnwegsinfektionen, die auch mit Antibiotika nicht mehr besser wurden. Mit ca. 3 1/2 Jahren wurde sie in Mainz operiert. Das war wieder eine schwere Zeit für uns alle. Fast 3 Wochen Krankenhaus und später noch wochenlange Behandlungen zu Hause, bis alles wieder o.k. war.

Danach die ersten Schrittchen an beiden Händen. Wir dachten schon, jetzt kann sie bald laufen, aber es dauerte noch bis zum 5. Lebensjahr. Ihre körperliche Verfassung wurde besser, Krankheiten weniger. Endlich wurde sie nicht mehr jede Nacht wach. Svenja wurde fröhlicher und lachte mehr. Wir begannen auch noch mit Hippotherapie, das gefällt ihr bis heute am besten. Sie liebt Pferde (auch alle anderen Tiere) und mittlerweile reitet sie sehr gut. Wenn sie mal wirklich keine Lust hat, was nicht oft passiert, darf sie das Pferd führen, das findet sie ganz toll.

Zwischendurch kamen sprachlich immer mal ein paar Laute mehr, aber insgesamt ging es mit dem Sprechen nicht so gut voran.

Mit 7 Jahren dann der Schulbeginn, ein neuer Abschnitt. Es ist eine Sonderschule mit den Schwerpunkten "Ganzheitliche Entwicklung und Sprache", früher auch "G-Schule" genannt. Es gefällt ihr dort sehr gut. Es sind 7 Kinder in einer Klasse mit 2 Erzieherinnen und 1 Lehrerin stundenweise. Es gibt auch Zivis, die aushelfen. Sie haben dort prima Lern- und Förderpläne, sie gehen auf jedes Kind individuell ein und ich frage mich manchmal, wie sie dies schaffen. Nun ist Svenja in der 4. Klasse (Unterstufe) angekommen. Sie kann z.B. Formen und Farben erkennen, etliche Buchstaben und einige Wörter, Zahlen bis 5 rechnen. Sie benutzen ein Lesebuch mit Bildern. Ihre Feinmotorik hat sich zwar verbessert, aber schreiben kann sie nicht. In der Klasse ist ein Computer, daran kann sie schon gut mitarbeiten, falls sie möchte. Das ist bei Svenja immer so ein Problem. Sie hat so einen Dickkopf, dass man manchmal verzweifeln könnte. Sie steht sich nach wie vor selbst im Weg. In der Schule versuchen sie natürlich auch, dass Svenja selbständiger wird. Das klappt nur bedingt. Das Anziehen macht noch Probleme. Treppauf und -ab ist sie noch unsicher, das Toilettentraining, das jetzt schon 4 Jahre dauert, geht nur langsam voran. Auch da fehlt die nötige Zusammenarbeit ihrerseits. Wäre wohl auch zuviel verlangt. Zur Sprachförderung gehen wir wieder zur Frühförderung der Reha. Sie hat eine neue Therapeutin bekommen, die mit ihr nach „Padovan“ turnt. Das sind Bewegungsübungen, die sich positiv auf die Sprachentwicklung auswirken. Sie kann jetzt schon 3-4 Wortsätze sagen, so dass man es auch versteht. Bei allem Negativen, das überwiegt, freuen wir uns über jeden kleinen Schritt vorwärts und versuchen das Beste daraus zu machen. Die langen Sommerferien sind immer wieder eine Herausforderung an unsere Nerven. Letztes Jahr haben wir es geschafft, Svenja für 5 Tage in Betreuung zu geben und für dieses Jahr haben wir sie wieder angemeldet. Davon ist sie nicht begeistert, aber da muss sie durch.

Svenjas Mutter Christa (Juli 2002)