....so könnte man bei Hannah (und sicher nicht nur bei ihr!) sagen – unsere Maus ist immer noch ein wahres Energiebündel. Jeglicher Optimismus hinsichtlich einer Unternehmung, bei der man dachte "da müsste sie heute Abend müde sein" verlief bisher ins Leere.
Wie immer geht es in der Schule voran, und alle Jahre wieder stellen wir fest, dass ihre Lehrerin die junge Dame recht gut kennt und durchschaut! Hier wieder mal ein Auszug aus ihrem letzten Zeugnis:
- Verhalten und Entwicklung:
"Offensichtlich beobachtet Hannah genau und hört vor allem auch gut zu, was so alles passiert, denn sie kann immer wieder so einige Geschichten über den Schulalltag erzählen, bei denen wir uns fragen, wo sie das mitbekommen hat. (NB: Wenn Hannah in der Nähe ist, kann sich die CIA warm anziehen)
"Mit den wechselnden Referendaren und Praktikanten geht sie salopp und unbekümmert um." (NB: Mir wurde damals brühwarm berichtet, wie sie einen neuen Referendar begrüßte: "He, du Neuer, wie heißt du eigentlich?") - Junge Menschen entwickeln sich: / Pubertät - unser Körper verändert sich:
"Inhaltlich war sie aufmerksam beteiligt und hat die Zusammenhänge verstanden. Sie stellt Verbindungen zu ihrer eigenen Person her und beobachtet die eigene körperliche Entwicklung" (NB: Das heißt zu gut deutsch, sie steht zur Zeit des Öfteren oben ohne vor dem Spiegel, betastet ihre Brust und bemerkt: "Ich bekomme einen Busen.") - Selbstversorgung:
"In der Klasse mussten täglich eine Reihe von Diensten erledigt werden. Hannah hat sich fast immer freiwillig zum Spülen gemeldet. Es war etwas Hilfe notwendig, um die Wassermassen in einem vernünftigen Maß zu halten, ansonsten hat Hannah recht selbständig agiert." (NB: Lediglich die Putzfrau beschwert sich, dass der Seifenspender in Hannahs Klassenzimmer so oft leer ist...)
Für mich zeigen solche Aussagen, dass Hannah in dieser Schule eigentlich am richtigen Platz ist – oder vielmehr sollte ich sagen "war", denn es haben sich große Veränderungen ergeben!
Angefangen hat es damit, dass sich die Grundschule in einem Nachbarort (wir liegen an der Kreisgrenze; auch Hannahs Sonderschule liegt eigentlich im anderen Kreis, aber wesentlich näher bei uns als die eigentlich zuständige) sich einen Kooperationspartner für eine Außenklasse gesucht hat – und das war die Don-Bosco-Schule, Hannahs Schule. Hannahs Klassenlehrerin wurde für diese Aufgabe auserwählt – und wir wurden angefragt, ob wir Hannah mit in die Schiller-Schule schicken wollten. Aber sicher wollten wir, zumal uns der Rückweg offen stand (und steht; ich schätze, bis Sommer/Herbst 2010 wird Hannah zu groß für diese Schule sein). Hannah gefällt es sehr gut in ihrer "neuen" Klasse; eine "alte" Klassenkameradin hat mit gewechselt; die übrigen vier waren neu für sie, sind es aber längst nicht mehr. Mit ihrer Lehrerin, einem Referendar und einer FSJ-lerin sind sie natürlich auch super ausgestattet. Mehr dazu erzähle ich noch in meinem Extra-Bericht zum Thema "Integration".
Seit Herbst geht Hannah in die "Mach-mit-Sportgruppe". Diese Gruppe ist einem örtlichen Sportverein angegliedert und offiziell für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderung ausgeschrieben. Faktisch ist Hannah altersmäßig bei weitem die jüngste, aber weder körperlich die Kleinste, noch die Ungeschickteste. Was mir besonders gefällt: In der Gruppe wird nicht nur Sport getrieben, sondern so "nebenbei" auch noch gelernt. Bei einem Mannschaftsspiel müssen zum Beispiel hinterher die Ringe gezählt oder nach Farben sortiert werden, um zu schauen, wer gewonnen hat. Hierbei hat Hannah für nicht geringe Verblüffung gesorgt, als sie fröhlich mitzählte: "one, two, three....." (Wozu hat man denn einen Bruder, der jetzt in der 3. Klasse Englisch lernen darf?). Das war auch mal wieder typisch Hannah – was sie interessiert, lernt sie so nebenbei, ansonsten kann man sich die Zähne ausbeißen. Wie bereits im Zeugnis erwähnt, bekommt sie alles mit, und so erfahre ich von der Schule immer genauestens, wer krank ist, wer gerülpst oder sich sonst wie daneben benommen hat. Vom eigentlichen Lehrstoff wird nur auf hartnäckiges Nachfragen meinerseits und dann auch nur vielleicht berichtet.
Zu Fasnet (oder Fasching, für Nicht-Schwaben) hatten wir noch extra Spaß mit Hannah. Als es um die Frage der Kostümierung ging, wurde sie von mir intensiv befragt, als was sie sich denn verkleiden wolle, aber egal, ob ich "Prinzessin" oder "Indianerin" oder "Marienkäfer" vorgeschlagen habe, die Antworten waren immer "Nein!" oder "Das auch nicht!". Irgendwann war's mir zu blöd; ich hab dann unter ebay einfach die Kostüme in der passenden Größe rausgesucht, sie die Bilder anschauen und auswählen lassen. Und das kam dabei raus: "Hurra, ich bin ein ‚Alien’!"
Die größte Überraschung habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben; sie ist aber auch zeitlich gesehen, die neueste Neuigkeit: Hannah fährt jetzt tatsächlich alleine mit dem Linienbus zur Schule!!! Zur Vorgeschichte: Seit Herbst ist sie ja in der erwähnten Außenklasse, die mit dem Auto knapp 11 km entfernt ist. Nun wurde jetzt zum Frühjahr bei uns in der Nähe eine Bushaltestelle eingerichtet, von der fünf Mal Mal am Tag ein Bus fährt, der sich an den Betriebsund Schichtzeiten einer sehr großen Firma orientiert. Und tatsächlich, die passende Linie fährt morgens um 7.47 Uhr ganz in unserer Nähe ab!. Nun haben wir uns stückweise rangetastet: Erst mitfahren, dann in den Bus bringen und mit dem Auto vor- oder hinterher fahren waren die ersten Schritte. Das Problem war übrigens vor allem, dass es sich a) um einen Reisebus handelt, sprich, Hannah die hohen Stufen kaum rauf und runter kommt, und b) dass sie nicht weiß, wann sie aussteigen muss. Sie würde niemals zu früh aussteigen, sondern eher bis zur Endstation sitzen bleiben. Den Weg von der Haltestelle dort zur Schule bewältigt sie problemlos, ist auch sozusagen "um die Ecke", sie muss über keine Straße oder ähnlich schwieriges bewältigen. Und dann meinte doch tatsächlich eines Tages der Busfahrer (!) von sich aus, er denke, dass Hannah es doch schaffe, alleine auszusteigen (einsteigen klappte inzwischen). Nächste Stufe: Kind in den Bus steigen lassen, mit dem Auto hinterher bzw. voraus (Bus fährt etwas "Umweg"), an der Haltestelle etwas versteckt warten. Und tatsächlich: Bus kommt, hält, (ich beobachte:) Fahrer dreht sich um (Hannah sitzt immer hinter ihm) und sagt etwas zu ihr, daraufhin erhebt sich die junge Dame und klettert langsam, mit viel Festhalten, aber alleine aus dem Bus und macht sich auf den Weg zur Schule!
Wenn sie keinen Nachmittagsunterricht hat, bringt die Lehrerin sie zum Bus, und ich hole sie dann an der Haltestelle ab. Leider ist das die weiter entfernte Haltestelle. Während wir morgens gut 5 Minuten im Hannah-Tempo für den Weg brauchen, sind es mittags mindestens 15, da muss man sie auf jeden Fall abholen. Montags aber kommt unser Yannic knapp 10 Minuten vorher mit "seinem" Bus auf der anderen Straßenseite an, wartet den Bus seiner Schwester ab und nimmt sie mit nach Hause! Wieder ein Schritt in Richtung Selbständigkeit – weitere werden hoffentlich folgen!
Hannahs Mamma Beate (Juli, 2009